Der Tag begann mit einem lauten Hahnengeschrei, wie jeden Morgen. Ein neuer Tag, was er mir bringt? So meine Gedanken in den frühen Morgenstunden. Hauptsache ich konnte mit Monika in die Schule und musste nicht in den doofen Kindergarten. Ja, das war das erste Ziel so manchen Tages. Monika, meine Cousine, war ja schon Drittklässlerin und sooo gebildet.
Während ich die kleine Fünfjährige war, die gefälligst zum Kindergarten zu gehen hatte. Aber da haben sie sich alle getäuscht, die lieben Erwachsenen. Denn, ein Tag ohne Monika – niemals. So zog ich mich an und lies mich schön zum Kindergarten bringen. Kaum war meine Begleitperson gegangen, haute ich ab… in die Schule. In die einzige Schule im kleinen deutschbesiedelten Dorf „Baumgarten“.
Ein kleines Örtchen mit ca. 800 Einwohnern – in Rumänien, 9 km nördlich der Stadt „Arad“. Nichtsahnend, dass es noch etwas anderes gäbe auf dieser Welt, wo man wohnen, lernen oder spielen konnte. 1843 wurde der Ort – meines Wissens – namentlich erstmals erwähnt, nach einer deutschen Kolonisation. In der kleinen deutschen Schule in der wir auch über unsere Dorfhistorie einiges lernten, wurden vier Klassen gleichzeitig unterrichtet von Gerda K., einer Dame mit schöner Fönfrisur. Ihre Röcke waren immer knielang und ihre Sommersprossen haben immer zum Hinsehen verführt. Herzenslieb war sie. Aber wehe man hörte nicht auf sie… oje…, derjenige wurde von ihr „bestraft“.
Ich wurde zum Glück nie bestraft. Ganz im Gegenteil, ich durfte als Kindergartenkind am Unterricht teilnehmen. Das war für mich ein sehr schönes Erlebnis. Ich, die kleine Christine – vom Kindergarten abgehauen – und zum „Schulkind“ geworden. Frau Gerda K. erlaubte es mir, machte mir mit einem blauen Stempel „Figuren“ auf leere Blätter, die ich dann während des ganzen Unterrichtes anmalen durfte, um beschäftigt zu sein. In der Schule gefiel es mir sehr gut. Ich bewunderte wie jede Klasse in Zweierreihen hintereinander saß und aufmerksam dem Unterricht folgte. Ungehorsam gab es nur selten.
Eines Morgens ärgerte mich ein größerer Schüler sehr, indem er immer mit Gummis auf mich zielte und sie dann schnalzen lies. Das tat richtig weh. Leider entging das auch der Lehrerin nicht und sie dachte sich eine Strafe für ihn aus. Dabei war sie doch so lieb. Ich fühlte mich schuldig. Schuldig und traurig, weil er wegen mir eine Strafe bekommen hat. Die nächsten Tage ging ich nicht zur Schule, sondern blieb im Kindergarten. Ab und zu war das auch angebracht, um die Auftritte mit einzustudieren, die die Kindergartengruppe so aufführte. Lange hielt ich es aber da nicht aus – unter all den Kleinen. An Monika denkend und zu tiefst traurig hockte ich oft lustlos mal draußen und mal drinnen. Ich hatte solche „Sehnsucht“ nach Monika, dass diese mich zurück trieb – zu ihr, in die Schule. Dort war ich ja schließlich immer willkommen.
Leseprobe mit Blick in das Buch